Jetzt passt mal auf. Das hat nichts mit obszönen Praktiken zu tun oder so, sondern ganz im Gegenteil. Aber Immer, wenn ich diese kleinen orangen Strassenputzer-Wagen sehe, ich wisst schon, die so wie kleine aufgeregte Frühaufsteher-Elefanten die Strasse rauf und runter bürsten. Also, immer wenn ich die mal wieder sehe, dann denke ich an die Nacht mit Kaa.
Was natürlich nicht richtiger Name, sondern Abkürzung. Ich war jung und grün und die Pubertät und alles, da stand ich plötzlich bei ihr in der Wohnung, dabei wusste ich ja nicht mal ihren Namen, und Abkürzungen sind ein schwacher Trost.
Das kam so, dass ich in der Stadt rumlungerte, am Abend, und überhaupt noch so Frischling, dass Hände in den Hosentaschen und Daumen raus und von einem Bein auf's andere hüpfen mit der Zigarette schräg im Mund, das war das Grösste. Aussen cool, innen eine einzige Katastrophe. Plötzlich steht die Maya vor mir, mit Flasche Wein in der Hand, und grinst mich an, und ich nick so gut es geht zurück, ohne dass die Asche abfällt von meinem Glimmstengel. Und was macht die Maya gerade?
Maya geht mit Flasche Wein zu Freundin, was mitten in der Altstadt wohnt, eigentlich gleich da oben, und komm doch mit.
Und ihr ahnt es natürlich schon, die mit der Wohnung, das ist die Kaa. Jetzt kann ich mich nicht mehr an alles erinnern, weil lange her und Wein und so, aber wir sitzten auf dem Fussboden rum - was man eben tut, solange man noch nichts studiert hat - und reden und auch ich rede, wie es eben geht mit der Zigarette im Mund und den Händen in den Hosentaschen.
Und irgendwann sieht mich die Kaa komisch an und sagt: "Ist schon ein Jammer, dass sich ein junger Kerl wie du nicht einfach so vernaschen lässt."
Und hört mal, das ist eine verdammt anspruchsvolle Aufgabe, so ein Satz, wenn man grün ist und von Tuten und Blasen keinen Schimmer. Und natürlich werde ich rot, und die Maya verschluckt sich am Wein, und weil's sowieso schon peinlich ist, sag ich eben so: "Jung bin ich schon lange nicht mehr, und wenn die eine Hälfte von deinem Satz nicht stimmt, dann muss die andere erst recht nicht wahr sein." Oder ähnlichen Mist.
Jedenfallst steht die Maya sofort auf und macht die Tür hinter sich zu und ihre Schritte hört man noch auf der Treppe und dann ist sie weg und die Frau mit der Abkürzung und ich, wir sind plötzlich ganz allein. Und sie ist ganz cool, was man an dem schrägen Grinsen sieht in ihrem Gesicht, so ein Mundwinkel höher als der andere, und sie schafft es sogar, gleichzeitig das Glas auszutrinken.
Und jetzt müsst ihr wissen, die Frau mit der Abkürzung im Namen und dem Grinsen im Gesicht, die war eine ziemlich füllige, also jetzt nicht übermässig, aber trotzem eindrückliche Person, und weil ich wusste, dass das jetzt kommt, was bis jetzt noch nie gekommen ist, nämlich quasi Ritterschlag, das liess mich innerlich Zittern wie die Hand vom Papst, als es noch der alte war.
Aber ich zeigte natürlich nix von und spuckte die Zigarette so lässig in den Aschenbecher, wie ich konnte.
Und dann lag ich auf ihr drauf und machte all diese Sachen, die ich bis jetzt nur immer aus zweiter Hand kannte, mit meiner ersten Hand. Und zwar keine Erfahrung, aber mutig wie Löwe, versuche also Moment abzupassen, das Letzte und Wichtigste zu tun, weil, meine erste Hand, die muss sich ja auch irgendwann mal ausruhen, und die zweite, die war sowieso schon ganz verrückt vor Sehnsucht nach der Hosentasche. Und weil Frau mit Abkürzung so maunzt und überhaupt sich so bewegt, dass ich schon kleinen Anflug von Werkstolz, pack ich meinen ganzen Mut zusammen und frag sie halt, ob sie nen Gummi hat.
"Klar", sagt sie, und "wart mal schnell, bin gleich wieder da, Kleiner".
Und ich seh sie ins Bad gehen und bin so hin und her gerissen, weil Vorfreude, aber auch Schiss, dass ich das Loch nicht treffe.
Sie ruckelt also so rum, wie weibliches Geschlecht eben so rumruckelt, wenn im Bad, und kommt raus und hält schon mal triumphierend das Kondom in die Höhe und winkt und verschwindet in der Küche. Ich seh das so etwas mit gekräuselten Brauen, weil: Warum Küche? Aber bitte, wahrscheinlich will sie ein Glas Wasser, wie Frauen das eben gern so haben neben dem Bett. Jetzt ruckelt sie also in der Küche, und alles geht ziemlich lange, und dann kommt sie, aber eben nicht mit Wasser.
Mit Sandwich.
Dann plauzt sie sich neben mich hin und gibt mir so mit elganter Handbewegung Gummi und meint, sie hätte eben noch etwas Hunger gekriegt und ob ich vielleicht auch etwas wolle und kaut das Sandwich und auch das mit einem Mundwinkel höher als dem anderen. Und ich, weil so gar keine Erfahrung, denke naja gut, vielleicht ist das eben so, Blutzucker-Spiegel und so weiter, und warte also, bis sie das Ding gegessen hat, und das hat sie schliesslich auch.
Dann zwinkert sie mir zu und, um die Sache auf den Punkt zu bringen, mach ich hier mal kurz, jedenfalls, sie schläft ein.
Was den Ritterschlag natürlich schwierig macht, moralisch sogar unmöglich. Dann sitzt ich da, und jetzt ist schon der Morgen so blau im Fenster, und ich steh halt auf und guck raus auf die Strasse in der Altstadt, wo die Händler gerade ihr Gemüse verladen und das Brot bringen und eben diese kleinen, orangen Putzwägelchen die Strasse bürsten und ich denk, die sehen aus wie etwas verwirrte Elefanten.
Deshalb hat das auch nichts mit obszönen Praktiken zu tun, wenn ich immer, wenn ich die sehe, an die Frau mit der Abkürzung denke. Sondern ganz im Gegenteil.
24 Mai 2006
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20 Kommentare:
unerfahrenheit hin und her, du warst ja willig und das zählt ;)
auf die schulter klopf...
was war zuerst fertig? dieser hier oder der ebenso ausgezeichnete fooligan-text? will meinen, von wo nach wo hat sich der lapidar-schnodder-stil, den ich so mag, gerettet?
in diesem fall fooligan zuerst. schnodder ton allerdings stets im schulterhalfter, volles magazin, und zieht schneller als mein schatten:)
also absicht. passt auch ganz ausgezeichnet in beide texte.
ich kenne es von mir: schreibe ich einen langen text a in tonfall xyz, muss ich mich bei folgetext b, der tonfall zyx verlangt, zuweilen höllisch zusammenreißen -- um den nicht auch in xyz zu verfassen.
jetzt in diesem fall war das sowas wie zwei fliegen mit einer klappe, quasi :)
schön zu lesen mit schnodderton und allem.
*den hut zieh* *und ab*
hehe, nicht schlecht nicht schlecht^^ aber die frau da oben, die erinnert mich unwahrscheinlcih an die szene aus titanic *griiins*
an die szene aus titanic? welche denn?
ach, herr melville. es wirkt... traumatisch.
sex ist traumatisch. wird nur dauernd weggelogen. ;-)
Sehr sympathisch. Ich dachte, jetzt kommt so eine Bandini Angeber Geschichte und dann aber dieses charmante Ende. Gar nicht traumatisch, sondern erzählenswert.
PS: oder um noch mal genauer nachzufragen, wieso angeber?
Da bin ich wieder mal neidisch und begeistert, ob der Leichtigkeit und Professionalität mit der Du Deine Geschichten erzählst.
Aber vermutlich ist das so wie wenn Timo Preußler eine (für ihn) läppische 9+ klettert.
@ melville:
na wo ette so toll aufm sofa liegt und gemalt wird. sag bloß das kennen sie noch nicht??*staun*
liebste linda,
was kenne ich noch nicht? Das Malen? Oder das auf dem Sofa liegen?
Ausserdem finde ich das Bild super. vor allem die Kleene, die im Hintergrund in die Kiste kotzt.
Sie mußte noch was essen? Wie kann man denn bei so etwas wie dem Vorspiel Hunger auf Sandwichs bekommen? Da werden doch eigentlich alle anderen Bedürfnisse übertönt von Gedanken wie "Fick mich doch endlich!" Oder bin ich altmodisch? Aber schön zu sehen, daß Männer auch unter so einen Erwartungsdruck beim ersten Mal stehen. ;-)
fellchen, was hast du denn gedacht? erwartungsdruck ist der vorname:)
Immer? 8-o na, da hoffe ich mal, daß Frau den Erwartungsdruck ein wenig mindern kann mit den passenden egostreichelnden Worten. ;-)
Nette Geschichte, schrecklich zu lesen.
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