22 August 2007

Von Söhnen und Eseln

ICH: Esel? Was für Esel?
ER:  Meine Eltern. Sie hatten zwei.
ICH: Clooney hatte ein Hausschwein. Es ist gestorben.
ER:  Die Esel leben noch. Aber sie werden eben langsam älter.
ICH: Die Esel.
ER:  Meine Eltern. Jetzt mussten sie die Esel weggeben. In ein
       Altersheim.
ICH: Da werden sich die alten Leute freuen.
ER:  Himmel. Für Esel. Ein Altersheim für Esel.

Stille.

ER:  Kein Scheiss. Für Esel. Pferde und Esel.
ICH: Klar.
ER:  Jetzt können sie nachts nicht schlafen, weil sie die Viecher so
       vermissen. Jedes dritte Wochenende fahren sie drei Stunden
       hin und drei Stunden zurück.
ICH: Um die Esel zu besuchen.
ER:  Um die Scheiss-Esel zu besuchen.

Stille.

ER:  Ich wohne seit 15 Jahren in Berlin. Und jetzt frag mich
       mal, wie oft meine Eltern mich schon besucht haben.

Das erklärt, warum der Mann so Schmutzfinksachen träumt.

20 August 2007

Cindy's Diner


Hier ein Auszug aus dem kürzlich uraufgeführten Stück, das Fräulein Löwenherz und ich geschrieben haben. Held des Abends ist MEDWED, ein Streifenpolizist, der den Unfalltod seiner Frau MAYA nicht überwinden kann. Deshalb nimmt er die Dienste einer Firma in Anspruch, die seinen Erinnerungen virtuell zu neuem Leben verhelfen kann. Natürlich geht alles schief, und Medwed verstrickt sich immer tiefer in einem undurchsichtigen und gefährlichen Netz aus Realität und Phantasie.

Im Zuge seiner fruchtlosen Bemühungen, der Lage wieder Herr zu werden, trifft er in einem Autobahnrestaurant auf COCO, die seiner Frau zum Verwechseln ähnlich sieht…

FADE IN:

INT. CINDY'S DINER - NACHT

MEDWED geht zögernd auf COCO zu, die an der Bar lehnt und etwas in ihr Notitzbuch schreibt.

MEDWED: Maya?
COCO:     Sie haben sich aber Zeit gelassen.
MEDWED: Kennen wir uns?
COCO:     Witzig, dass Sie das fragen.
MEDWED: Mir ist auch schon ganz übel vor lauter Humor.
COCO:     Sie erinnern sich nicht an mich?

Medwed sieht sich um.

COCO:     Suchen Sie etwas?
MEDWED: Ich dachte, Sie wären jemand anderes.
COCO:     Und wie Sie sehen: Sie haben sich nicht geirrt.
MEDWED: Ah. Intellektuelle, was?
COCO:     So ist das Leben. Man sucht etwas, und findet etwas ganz
               anderes. Und dann hat das eine eben doch plötzlich
               irgendwie mit dem Anderen zu tun, und alles hängt
               zusammen und verstrickt sich und dann gibt es ein
               riesengrosses Knäuel, und am Ende bedeutet dieses eben
               auch jenes, und alle sind plötzlich trotzdem irgendwie
               glücklich, und die Geschichte ist aus.
MEDWED: Sie sind ja was ganz Abgefeimtes. - Was schreiben Sie da?
COCO:     Meine Telefonnummer.

Sie reisst ein Stück Papier aus ihrem Notitzblock und gibt es Medwed.

COCO:     Hier.
MEDWED: Die haben Sie aber schön geschrieben.
COCO:     Habe auch lange genug geübt.
MEDWED: Und was mache ich jetzt damit?
COCO:     Wieso? Gefalle ich Ihnen nicht?
MEDWED: Keine Ahnung. Ihre Bluse versperrt mir die Sicht.
COCO:     Hey. Sie kriegen ja einen Ständer.
MEDWED: Moment mal. Ich dachte, Sie seien Intellektuelle?
COCO:     Schlagen Sie mich ruhig, es macht mir nichts aus.
MEDWED: Sie sind Intellektuelle.
COCO:     Sie werden mich schlagen.
MEDWED: Und was macht Sie da so sicher?
COCO:     Sie haben ein Motiv. Das einzige wirkliche Motiv für einen
               Mann, eine Frau zu schlagen.

Stille.
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MEDWED: Also meintetwegen, was ist das einzige wirkliche Motiv für
               einen Mann, eine Frau zu…
COCO:     Schuld.
MEDWED: Ich fühle mich nicht schuldig.
COCO:     Das denken Sie.
MEDWED: Beweisen Sie mir das Gegenteil.

Coco packt Medwed am Kragen und küsst ihn lange.

MEDWED: Sie haben recht. Ich fühle mich schuldig.
COCO:     Ich hab grad ein Deja Vu.
MEDWED: Nur damit ich das recht verstehe: Sie sitzen hier die ganze
               Zeit so rum.
COCO:     Die ganze Zeit.
MEDWED: Schreiben ihre Telefonnummer und köcheln ihr Gehirn auf
               kleiner Flamme, bis dann vorne diese Sachen rauspurzeln.
COCO:     Richtig. Ab und zu kommt so ein übermotivierter Bulle
               vorbei und versucht, mich auf den Ernst des Lebens
               einzuschwören.
MEDWED: Ja. So einen kenne ich auch. - Wahrscheinlich sind Sie
               einfach nicht ganz dicht, nicht wahr? Schlagen Sie mich
               ruhig, es--

Coco gibt Medwed eine schallende Ohrfeige. Medwed muss sich setzen.

MEDWED: Warum rede ich eigentlich mit Ihnen?
COCO:     Weil ich Ihnen helfen kann, das zu finden, was Sie suchen.
               Päpä! Da staunen Sie, was? - Aber eins gleich vorneweg:
               Es ist etwas anderes. Soll ich weiterreden?
MEDWED: Sie haben meine volle Aufmerksamkeit.
COCO:      Zunächst ist es unter allen Umständen erforderlich, dass
               Sie sich mit mir betrinken.
MEDWED: Und wenn ich mich weigere?
COCO:     Dann werden Sie sterben.
MEDWED: Jetzt werden Sie banal. Sterben werde ich so oder so.
COCO:     Da haben Sie auch wieder recht.

© 2007
PS: Ebenfalls eingebaut in das Drama wurde dieser Zuckertext.

14 August 2007

Melville war Zigaretten holen

Ich war mal eben weg. Um es kurz zu machen, ich habe meinen "ich bin nur Gemüse"-Bonus der letzten fünf Jahre eingezogen, mit dem Tabak Schluss gemacht, keinen einzigen mickrigen Dialog geschrieben und auch sonst nichts für die Unsterblichkeit getan.

Die Leute, die ich kenne und mit denen ich verwandt bin, klopfen mir auf die Schulter und sagen, das sei normal. Sie laden mich ins Kino ein, bringen Früchte vorbei und plaudern mit mir über die Folgen der Klima-Erwärmung.

Langam fehlt mir die Arbeit. Und die unfreundlichen Frauen, die fehlen mir auch. Da hat jetzt das eine nicht unbedingt was mit dem anderen zu tun, aber…

…aber eben doch. Ihr wisst schon. Die unfreundlichen Frauen, die kann man schon vermissen.

26 Mai 2007

Nachtschicht

ER: Ich habe geträumt. Zuerst war ich mit meiner Mutter im Bett. Dann mit meiner Schwester.
ICH: Oh. Und? Wie war's?
ER: Anstrengend! Als hätte ich die ganze Nacht den Augias-Stall ausgemistet!

28 April 2007

Schnittchen Gottes

Ich seh ja immer mal wieder Sachen. Zum Beispiel vorhin, diese Gruppe Mädels. Sie singen. Sie lächeln. Sie sind jung. Sie verteilen Prospekte.

Und sie tragen alle das gleiche T-Shirt. Blau. Vorne das Heilsarmee-Logo. Hintendrauf, in fetten Buchstaben:

"WIR KOMMEN IN DEN HIMMEL. - DU AUCH?"

Zunächst freu ich mich für die Schnittchen, klar. Schon toll, dass es wenigstens jemand von uns schafft. Dann frage ich mich, ob ich eine von ihnen vögeln würde. Ergebnis: Ja. Am besten natürlich mehrere gleichzeitig.

Jetzt werdet ihr vielleicht sagen: Die singen Halleluja, und du denkst ans Ficken. Ist mir auch aufgefallen. Andererseits: So ein Heilsarmee-Mädel, immer nur singen und lächeln, ist nicht euer Ernst, oder? Wenn die sich's mal so richtig besorgen lässt, Himmel, dann hat sie wenigstens endlich einen Grund, Gott zu danken. Und Gott wird's zurückdanken.

Schliesslich durfte er zusehen.

14 April 2007

Der süsse Charme der Katastrophe

Herzlich willkommen und guten Morgen direkt aus dem Halbschatten eines schnieken kleinen sonnenbeschienen Kaffeedinx.

Vor zwei Tagen war Premiere. Wir haben geschuftet wie die Schweine, wochenlang flogen uns die Knüppel nur so zwischen die Beine. Ein Schauspieler im Krankenhaus, eine Schauspielerin, die in der Mitte der Produktion umbesetzt werden musste, Technik, die einfach nicht funktionieren wollte: keiner von uns hat es ohne gravierende gesundheitliche Schäden geschafft.

Das zweite Stück, dass Fräulein Löwenherz und Melville auf die Bühne gepfeffert haben. Ihr hättet sie sehen sollen, Freunde, euch wäre das Herz stehen geblieben und der Atem gestockt; was die Frau gestemmt hat, wie sie den sich jagenden Katastrophen ihre unerschrockenen blonden Locken entgegengestreckt hat, sowas sieht man nicht alle Tage.

Aussen klein und süss, innen der grosse Hulk.

Gerade habe ich die Kritiken gelesen. Und ich muss gestehen, nach der ganzen Plackerei sind sie wie ein Bad in warmem Honig.

16 März 2007

Haustier

Immer, wenn ich viel zu tun habe, leidet das Blog zuerst. Wie früher das Meerschweinchen. Jetzt gerade versinke ich in Arbeit. Ich erzähl auch gleich was drüber. Jetzt geht das nicht. Muss arbeiten. :)

08 Februar 2007

Knutschen vs. Küssen: Platons vergessener Dialog

Folgender Text von Platon wurde 1832 von einem Weinbauern in einer antiken Urne auf Sizilien gefunden. Aus Gründen, die auszuführen den Rahmen dieser Rubrik sprengen würde, wurde er von den Kapazitäten bis heute totgeschwiegen. Ein Auszug.

CLAVIGO

SOKRATES: Sag mir, Clavigo, welches hältst du für besser: Küssen oder Knutschen?
CLAVIGO: Nun, mir scheint, es ist ganz und gar dasselbe.
SOKRATES: Dann lass uns eben dies untersuchen und festlegen, ob uns der Schein trügt oder ob er - gleich einem Spiegel - das Wahre auch wahr zu zeigen vermag.
CLAVIGO: Das würde ich gern tun, oh Sokrates. Doch ass ich eben noch ein Brot, belegt mit einer Zwiebel.
SOKRATES: Dies, Clavigo, soll unserer Untersuchung nicht im Wege stehen, da wir uns vorerst nur mit der Idee des Knutschens und selbiger des Küssens befassen werden, und wie diese beschaffen sind.
CLAVIGO: So soll es sein.
SOKRATES: Dann sage mir: Habe ich dich nicht gestern auf dem Markt gesehen, mit Makkos, dem Sohn des Herakles?
CLAVIGO: Ich leugne es nicht, Sokrates.
SOKRATES: Und habt ihr euch nicht inniglich umarmt und eure Lippen in jener nämlichen Art aufeinandergerieben und gedrückt, so dass man sagen kann, ihr hättet euch geküsst?
CLAVIGO: Ganz genau so.
SOKRATES: Aber könnte man nicht auch sagen, ihr hättet geknutscht?
CLAVIGO: Mit Fug und Recht, Sokrates.
SOKRATES: So scheinst du also recht zu behalten, dass beide Worte die selbige Idee wiedergeben.
CLAVIGO: Wie ich es sagte.
SOKRATES: Nun küsst du sicher, Clavigo, nicht nur den Sohn des Herakles?
CLAVIGO: Deine Frage wartet nicht auf eine Antwort.
SOKRATES: So küsst du also nicht nur Einen, sondern Viele?
CLAVIGO: Wie es den Göttern gefällt.
SOKRATES: Nun küsst du aber sicherlich auch deine Mutter, wie es sich geziemt?
CLAVIGO: Natürlich, Sokrates, denn ich halte sie in Ehren.
SOKRATES: Wenn wir also sagen, dass Küssen und und Knutschen das eben Gleiche ist, so folgt nicht also daraus, du hältst deine Mutter in Ehren, wenn du mit ihr knutscht?

Stille.

CLAVIGO: Aus dem Gesagten ergibt sich eben dieses. Doch kann es nicht die Wahrheit sein.
SOKRATES: So gibst du also zu, dass du den Sohn des Herakles wohl knutschen als auch küssen kannst, nicht jedoch das erstere mit deiner Mutter?
CLAVIGO: Ich gebe es zu.
SOKRATES: Wenn also alle Menschen sich wohl küssen, der Vater seine Tochter, der Bruder die Schwester, der Händler sein Geld, aber nur wenige sich knutschen - nämlich nur selbige, die sich auf des Eros' Flügel betten - ist dann also knutschen nicht seltener als küssen?
CLAVIGO: Viel seltener.SOKRATES: Und so es seltener ist, ist es dann nicht auch wertvoller?
CLAVIGO: Es ist wertvoller.
SOKRATES: Und ist nicht, was wertvoller ist, auch besser?
CLAVIGO: Ganz genau so.
SOKRATES: Da wir also bewiesen haben, dass Knutschen besser ist als Küssen, so wollen wir nun das eine tun und das andere lassen.

Qed.: Knutschen ist besser als küssen.

Und ihr werdet es nicht glauben: Von genau diesem entzückenden Wort bin ich offizieller, lebenslanger Pate. Mit Urkunde. Was glaubt ihr, wie stolz ich bin.

06 Februar 2007

Von Wölfen

Runde, immer geputzte Scheiben. Ihr sitzt mitten drin, auf einem der belebtesten Plätze der Stadt, und könnt euch beim Kaffeetrinken die Menschen ansehen, die draussen ihr Leben durch die Kälte tragen.

Mein eigenes Leben habe ich auf den Stuhl unter meinem Hintern gesetzt und denke darüber nach. Ich war unglücklich, in letzter Zeit, und habe versucht, mich wegzuwerfen wie ein benutztes Taschentuch. Mit wachsender Faszination habe ich dabei zugesehen, wie ich mich in den Dreck drücke; ihr wisst ja: Das entwickelt so einen Sog. Hat man einmal damit angefangen, will man gar nicht mehr aufhören.

Dann hab ich lange geduscht.

Jetzt sitze ich hier und rappel mich auf. Und ich sehe eine Frau. Nein, nicht hübsch. Sie hat sich eingepackt wie eine Pellwurst, steigt aus einer Strassenbahn und sucht zügig das Weite. Zu zügig, denn sie stolpert über ihre eigenen Beine, fällt hin und purzelt über den Teer; quer durch die auseinanderstiebenden Passanten. Kaum geschehen, steht sie sofort wieder auf und geht weiter, ohne eine Miene zu verziehen. Als wäre nichts geschehen.

Das sehe ich immer wieder mal, und ihr auch. Jemand fällt, weil es glatt ist oder er gerade nicht aufpasst oder weil er von einem Fahrrad angebumst wird. Und immer stehen die Beteiligten sofort - reflexartig - wieder auf. Manchmal lächeln sie. So oder so vermitteln sie den Eindruck, eben: Als wäre nichts geschehen.

In Tierrudeln, beispielsweise bei Wölfen, kann man Folgendes beobachten: Langer Marsch, klirrende Kälte, alle Tiere sind müde und schleppen sich mühsam durch die Schneewehen. Plötzlich tritt ein Wolf auf einen Dorn und fängt an, zu hinken. Wölfe sind sehr soziale Tiere, sie unterstützen ihren verletzten Kollegen also mit aufmunterndem Heulen, Lecken etcetera. So geht das eine Weile, tage- oder auch wochenlang, bis der verletzte Wolf stehenbleibt und nicht mehr weiter kann.

Alle Wölfe sehen ihn an. Er sieht zurück. Sein Atem ist eine lange, weisse Fahne, geschwenkt in Minustemperatur. Dann knickt er ein.

Sofort fallen seine Kameraden über ihn her und fressen ihn auf.

Deshalb, glaube ich, ist die eingepackte Frau auf dem Platz sofort wieder aufgestanden.

16 Januar 2007

Flaches Wasser

Heute im Café um die Ecke:

FRAU NEBEN MIR: Ein flaches Wasser.
KELLNER: Was?
FRAU NEBEN MIR: Ein flaches Wasser.

Der Kellner und ich sehen uns an.

KELLNER: (zur Frau neben mir) Mit oder ohne Kohlensäure?
FRAU NEBEN MIR: Ein flaches Wasser!

Fand ich irgendwie amüsant genug, um folgenden schlechten Dialog zu rechtfertigen:

FADE IN:

INT. - KÜHLREGAL - TAG

STEHENDES WASSER, FLACHES WASSER, HARTES WASSER und STILLES WASSER unterhalten sich.

FLACHES WASSER: …da hab ich zu ihr gesagt, naja, so oder so: Es ist, wie es ist. - Oder etwa nicht, stilles Wasser?

Stilles Wasser schweigt.

HARTES WASSER: Warum hast du sie nicht einfach an den Stuhl gefesselt und durchgevögelt?
FLACHES WASSER: Durchgevögelt, hi, hi, der ist gut, das ist gut, das ist umgangssprachlich!
STEHENDES WASSER: Ich hätte sie durchgevögelt.
HARTES WASSER: Yeah, nomen est omen, stehendes Wasser.
STEHENDES WASSER: Aber wozu der Stuhl?
FLACHES WASSER: Hihi, stehendes Wasser fragt: Wozu der Stuhl? Versteht ihr? Stehendes Wasser - Stuhl? Hihi!
STEHENDES WASSER: Was ist daran komisch?
HARTES WASSER: Nichts, stehendes Wasser. Setz dich.

Alle LACHEN. Die COCA-COLA kommt.

COCA-COLA: Heil, Hitler!

Stille.

FLACHES WASSER: Ups, ein Engel geht durch den Raum! Hihi!

Stille.

STEHENDES WASSER: Was ist denn mit der Limo los?
HARTES WASSER: Ignoriert ihn. War schon immer ein Brauner.
STEHENDES WASSER: Und wie gings dann weiter mit der Kleinen, flaches Wasser?
FLACHES WASSER: Naja. Wir haben lange geredet. Also, ich.
HARTES WASSER: Kann ich mir vorstellen.
FLACHES WASSER: Aber, hihi: Offensichtlich war ich nicht ihr Typ.
HARTES WASSER: Wer hätte das gedacht?
FLACHES WASSER: Dann kam stilles Wasser und hat sie durchgevögelt, bis sie verdunstet ist.

Alle sehen stilles Wasser an.

HARTES WASSER: Und ich frag mich noch die ganze Zeit, seit wann sie PERRIER ohne Kohlensäure herstellen.

FADE OUT.

03 Januar 2007

Der Soldat

Macht das Licht aus. Schliesst die Augen. Denn im Dunkeln beginnen die Gedanken sanft zu schimmern und gehen ihren eigenen Gang.

Seht ihr den Soldaten? Es ist Nacht, und er schleicht durch den Wald. Er hat den Anschluss an seinen Haufen verloren, und jetzt brennt sich das Weisse seiner Augen ängstlich durch die Dunkelheit, denn die Welt um ihn ist ein einziger gefährlicher Schatten: Raschelnd, flüsternd, wartend. Oft verharrt er minutenlang bewegungslos und lauscht, bevor er weitergeht.

So schiebt sich der Soldat durch das raunende Nichts und verschmilzt mit der Nacht. Manchmal, wenn er mit äusserster Vorsicht einen Zweig beiseite drückt, erreicht ihn ein Geruch von Blatt und altem Holz. Oder ein flüchtiger Gedanke streift ihn und verschwindet geräuschlos in der Dunkelheit. Wie lange er schon so geht, weiss er nicht. Und als er es plötzlich sieht, direkt vor ihm, durch die Zweige schimmernd wie ein entfernter Stern, wischt er sich ungläubig die Augen. Denn Hoffnung ist ein Gift, das er sich jetzt nicht leisten kann. Aber das Licht ist da, und mit ihm die Gewissheit, dass er es geschafft hat.

Die Schwere der Nacht fällt vom Soldaten ab, und sein nächster Schritt ist entschlossen und schnell.

Unter seinem Fuss macht etwas: KLICK.

Dann ist es wieder still und nur der Wald, der sich im Nachtwind räkelt, und nur das trockene Laub, das knistert. Irgendwo nagt ein Waldtier an einer Rinde, und die Wolken kreuzen still das Mondlicht, als wäre nichts geschehen.

Aber den Soldaten verwandelt das leise Geräusch in ein Meer aus Bewegungslosigkeit. Alles in ihm bleibt stehen und wird still, so still wie die Bombe, die unter seinem Fuss schläft, und die er nicht wecken darf. Er rührt sich nicht. Er atmet nicht. Er blinzelt nicht. Wozu auch? Nichts bleibt ihm mehr zu tun. Nichts, als zu stehen, und stehen zu bleiben.

So streicht die Zeit durch den Wald und über das Gesicht des Soldaten. Aber in ihm ist auch sie stehen geblieben, wie er selbst, und hat ihr Ende erreicht. Das kleine Geräusch hat eine Lücke aufgetan, eine kleine Lücke zwischen Leben und Tod, und ihn hineingesetzt wie einen Zinnsoldaten. Hier steht er, und hier wird er immer stehen. Wie die Bäume und die Schatten um ihn herum.

Und so wird der Soldat ein Teil des Waldes, des Flüsterns und des Raschelns. Er blickt in das Licht, das durch die Zweige funkelt. Für ihn genauso fern wie jeder andere Stern am Himmel auch.

Der Soldat schliesst die Augen. Im Dunkeln beginnen seine Gedanken sanft zu schimmern und gehen ihren eigenen Gang.