17 November 2006

Melancholie: Setzen, Sechs!

Nichts gegen Melancholiker. Im Gegenteil.

Aber ihre Blogs?

Die Gedichte über treibende Gedanken und faule Äste, die Fotos von leeren Strassen und gepiercten Lippen, die assoziativ verknotete Prosa voll feuchter Landschaften, verwaisten Spielplätzen, dräuender Selbstverstümmelung und nekrophiler Wortsymbolik? Fluss, Schlaf, Erde, Blut?

Vielleicht ist Melancholie nicht die ideale Schreibunterlage. Zu schwer zieht die Scholle an der blutleeren Hand.

Denn, jetzt mal ehrlich: Wozu schreiben, wenn man auch sterben könnte?

So hat sich der Melville das gedacht, bis er heute Abend unvermittelt selbst von akuter Melancholie ergriffen wird. Hey, einfach so. Ihm geht's gut. Und, vor allem: Fräulein N. auch.

Trotzdem ist er traurig. Schwer wie ein Bordeaux, den Robespierre selbst noch eigenhändig im lehmigen Keller versteckt hat, bevor man ihm den Kopf vom blutenden… - Aber, ich schweife ab.

Also, denkt sich der Melville, ein Selbstversuch könnte nicht schaden. Mal den ganzen professionellen Heulsusen zeigen, wie man auf Schwermut so richtig die Tasten zum Singen bringt.

Was dabei herauskommt, ist:

Ich kann nicht zaubern. Ich kann nur gehen, bis meine Knie brechen. - Ich kann nicht gut sein. Aber ich kann meine Arme ausbreiten, bis sie zu Staub zerfallen.

Das unterbietet wirklich alles. Eine Katastrophe. Jetzt weiss ich, warum die Melancholiker andauernd an Selbstmord denken.

Ich dachte einfach, ich legs mal auf den Tisch. Was für einen Quatsch der Melville manchmal fabriziert. Unredigiert. Um mich zu bestrafen.

Ich geh mich mal in die Ecke stellen. Vielleicht auch sterben. Jedenfalls, wenn der gütige dunkle Fluss aus Blut ein Einsehen hat und mir den erlösenden Schlaf schenkt, den ich nach so einem Text mit Sicherheit verdiene.

Schalom!

Bye, bye, Ferenc Puskás

Er war ein grosser Fussballer, jetzt hat er die letzte rote Karte gesehen und das Spielfeld für immer verlassen. Ihm zu Ehren hier ein Text, der ursprünglich im Rahmen der WM bei Fooligan erschien.

Cheers, Mister Puskás!


Der Galoppierende Major
"Kleines Geld, kleiner Fußball, großes Geld, großer Fußball."   Ferenc Puskás

Das ist, ich sag’s euch gleich, kein gewöhnlicher Fussballspieler. Untertrainiert und übergewichtig. Das ist er. Und jetzt, 1961, nachdem er den Zenit seiner Karriere bereits überschritten hat, ist das mit dem übergewichtig eigentlich noch untertrieben.

Jedenfalls, was sollen wir noch lange um den heissen Brei herumreden, wie eine Presswurst, so sieht er aus im Real Madrid-Leibchen, schön ist das nicht, sowas zu sagen, aber wahr ist es trotzdem. Und was tut er gerade? Er tritt einen Freistoss im eigenen Stadion gegen Atletico, das sind die, die Anfang der Sechziger gerade ganz oben auf schwimmen, in Spanien.

Er also mit dem linken Fuss, wie immer, und der Ball segelt über die Mauer, und dort die Atletico-Spieler natürlich hochgesprungen, aber nix war, denn der Ferenc, der kann diese Bananen so sauber ballern wie auf dem Reissbrett gezogen. Und in die lange Ecke, und der Torhüter springt und streckt sich wie wenn er aus Gummi wär, aber er kommt nicht mal mit den Fingern dran, nicht mal mit den Fingerspitzen, und drin ist der Ball und im Netz und da kann keiner mehr was machen.

Und die Menge tobt. Und der Ferenc, so kurz seine Arme auch sind, er reisst sie hoch. Und alle anderen ihre Arme auch.

Aber der Schiedsrichter schüttelt den Kopf.

Fast peinlich ist es ihm, fast rot wird der Mann im schwarzen Trikot, und er geht zum Ferenc und entschuldigt sich und sagt, tut mir leid, aber ich habe noch nicht gepfiffen, und pfeifen muss ich schliesslich, denn wo kämen wir sonst hin?

Und das versteht der Ferenc. Denn jetzt mal Frage: Habt ihr das gewusst? Dass wir hier vom gleichen Ferenc sprechen, der Kapitän von der ungarischen Mannschaft gewesen war, der goldenen Manschaft, die vier Jahre lang – und das sagt sich so leicht, aber denkt doch mal: vier Jahre - einfach niemand schlagen konnte, und die erst die Deutschen in Bern mit einem Wunder zur Strecke geackert haben?

Und weil er so dick war und trotzdem so schnell, haben sie ihn den galoppierenden Major genannt.

Genau dieser Ferenc ist das nämlich, und kein anderer. Sieht aus wie Presswurst, ist aber Fussballgott. Und spielt immer mit linkem Fuss. Jetzt, passt auf, wollt ihr die Legende hören, warum immer mit linkem? Weil eigentlich der rechte Fuss der starke ist. Aber zu stark. Mit dem hat er mal so hart geschossen, dass dann der Torhüter mit gebrochenen Rippen direkt ab auf den OP-Tisch. Dann haben die da oben vom Fifa-Zimmer ihm den rechten Fuss verboten. So die Legende. Stimmt sie? Wer weiss. Aber in jeder Legende ist ein kleiner Grashalm Wahrheit.

Also, dieser Ferenc, der steht jetzt auf dem Rasen, und muss den Freistoss nochmal schiessen, und diesmal wartet er, bis der Schiedsrichter pfeift, denn nur weil er dick ist, ist er noch lange nicht doof.

Er also mit dem linken Fuss, wie vorher, und der Ball segelt über die Mauer, wie vorher, und dort die Atletico-Spieler natürlich hochgesprungen, wie vorher, aber nix war, denn der Ferenc, der kann diese Bananen so sauber ballern wie auf dem Reissbrett gezogen. Und in die lange Ecke, wie vorher, und der Torhüter springt und streckt sich wie wenn er aus Gummi wär, wie vorher, aber er kommt nicht mal mit den Fingern dran, nicht mal mit den Fingerspitzen, und drin ist der Ball und im Netz und da kann keiner mehr was machen, wie vorher.

Und da hat der Ferenc das Tor genau noch mal ganz gleich geschossen. Nur diesmal mit Pfiff. Und wenn die Menge vorher getobt hat, dann ist es jetzt ein Glück, dass kein Dezibel-Messer im Stadion, weil der würde nämlich zerspringen in lauter kleine Messerchen, so laut haben jetzt alle gebrüllt. Und das - nur damit ihr jetzt nichts Falsches denkt - das ist keine Legende, weil direkt in die Annalen von Real Madrid eingegangen, natürlich zu recht.

Und das alles gegen Atletico, das sind die, die Anfang der Sechziger gerade ganz oben auf schwimmen, in Spanien. Bis sie den Ferenc nach Madrid geholt haben.

Dann war’s erst mal aus mit Atletico.

10 November 2006

Gott ist ein DJ

Gott ist ein DJ, davon haben wir's hier ja schon mal gehabt.

Dieses Dings ist allerdings auch nicht übel:



Budget: 500 Dollar.

08 November 2006

FRANK & FEE - Die Soap! (V)

"Ich liebe dich!"   Redewendung

Und hier ist sie wieder, die Soap über das gesunde Zusammenspiel von Sex und Gewalt.

EPISODE FÜNF
SPRING!

FADE IN:

EXT. BAHNÜBERFÜHRUNG - ABEND
FRANK und FEE stehen im Abendlicht auf einer Bahn-Überführung, halten sich an der Hand und blicken hinunter auf die Gleise.

FRANK: Gleich kommt der Güterzug.
FEE: Jep.
FRANK: Und du bist dir wirklich sicher?
FEE: Ja! Wenn er langsamer wird, springen wir auf den Zug!
FRANK: Und dann fahren wir, wohin auch immer er uns bringt.
FEE: Wohin auch immer! Das ist nicht wichtig. Wir haben ja uns!
FRANK: Ich liebe dich!
FEE: Da kommt der Zug!

In der Ferne erscheint tatsächlich, PFEIFEND und PUFFEND, der Zug. Frank und Fee setzen sich auf das Geländer. Der Zug fährt unter ihnen durch und wird langsamer.

FRANK: Jetzt!
FEE: Ja!

Frank springt. Er landet auf dem Dach eines Güterwaggons und rollt ab. Er LACHT und sieht sich um. Fee ist nicht gesprungen. Sie sitzt immer noch auf auf dem Geländer der Überführung.

FRANK: Fee! Was tust du? Spring!

Fee winkt und wirft ihm eine Kusshand zu.

FEE: Geh schon mal vor. Ich komm dann nach.
FRANK: Was?!
FEE: (ruft) Ich muss noch Freunde treffen. E-Mails schreiben und all das.
FRANK: (ruft) Was?!
FEE: (ruft) Ich vermiss dich jetzt schon. Ich liebe dich!

Sie verschwindet in der Ferne. Frank steht perplex auf dem Dach des Waggons.

FRANK: Was?

Der Zug wird immer schneller.

FADE TO BLACK.


Anregungen für zukünftige Episoden werden gerne entgegengenommen.
© 2006

06 November 2006

B-Shit & Pop Corn

Mhm. Viel los in Melvilles Leben dieser Tage. Das sieht man daran, dass sein Blog langweilig wird und verkümmert wie ein Blutegel auf einem Käsekuchen.

Umgekehrt ist es vermutlich auch richtig, dass, wenn das Blog rockt, Melvilles Leben gerade verkümmert und so langweilig ist wie, jetzt wollen wir mal mit Vergleichen nicht geizen, Thomas Gottschalk auf einem Käsekuchen. Die Eckpfeiler meines Lebens sind somit gesteckt.

Habe die schauspielerische Pflichtrunde mit der angemessenen Konzentration absolviert. Die Kür folgt jetzt, im nächsten Stück. Das macht richtig Freude, weil: kann alle Register ziehen. Gleichzeitig habe ich heimlich (Produzenten und Regisseure sind sowas von eifersüchtig) einen Kurzfilm und 70 Seiten eines Kinofilms geschrieben.

Ich kann meine Rechnungen zahlen und mit gutem Gewissen meinen enormen Kaffee- und Nikotinkonsum kultivieren.

Fantasie habe ich im Moment keine, weil sich immer noch vollständig drehend um Fräulein N.. Die übrigens genauso beziehungsgestört ist wie ich. Was sich einerseits gut trifft, andererseits meine Geduld auf eine harte Probe stellt: Sie legt Grillen an den Tag, die bisher eigentlich immer für mich reserviert waren. Ich werde sie auf mein Copyright verweisen und nötigenfalls verklagen.

Sie zergeht mir auf der Zunge. Ich war doch immer der Lonely Wulf von nebenan. Plötzlich fühle ich mich einsam, wenn sie nicht da ist. Als hätte mir jemand mein Herz aus der Brust gerissen und davongetragen.

Wenn ich sie dagegen sehe, scheint mir, als wäre der Endzweck meines Daseins erreicht. Als wäre mein Leben über Nacht von einem getrockneten Mais-Samen zu einem federleichten Popcorn geflufft. - Ist das nicht schön? Und auch doof? Aber eben schön doof?

Ich bin glücklich. Ich leide. Ich bin glücklich.